Vom Schenken und beschenkt werden

Die Zeit des Jahres naht, in der sich immer wieder die Frage stellt: was will ich wem schenken und warum. Weihnachten ohne Geschenke erscheint nicht möglich. Viele Geschenke aber erzeugen Stress. Den Stress des Schenkens ebenso wie den des beschenkt werden.
Karl Valentin sagte einmal: Kunst ist schön, macht aber auch viel Arbeit.
Schenken ist schön, macht aber ebenfalls viel Arbeit. Schenken ist eine Kunst. 

Schenken ist eine Kunst

Die Arbeit beginnt lange vor dem einpacken und endet mit dem auspacken noch lange nicht.
Die Auswahl des Geschenkes sowie der Verpackung bereitet einige Mühe. Die Kunst des Schenkens ist eine von vielen Künsten, die dazu beitragen können, das Leben schöner und reicher zu machen. 
Doch wie alle Künste ist auch die Kunst des Schenkens auf Wissen und können angewiesen. Das Wissen beruht darauf, Informationen zu sammeln und sich selbst Gedanken zu machen, welche möglichen Geschenke es gibt und sie dann in Bezug zu den Menschen zu setzen, der beschenkt werden soll.
Ist das etwas für ihn und freut ihn das oder kann er das überhaupt brauchen? Übung macht den Meister auch beim schenken. Natürlich kann es schiefgehen, aber dann lässt sich etwas daraus lernen: Das Gespür wird feiner.
Wenn man kein Gespür hat oder gedankenlos ist, erhöht das die Gefahr von Notgeschenken, die viel Unheil anrichten können.

Dies geschieht auch bei Verlegenheitsgeschenken, die der Verlegenheit entstammen wenn man nicht so recht weiss, was man überhaupt schenken soll. Auch der Beschenkte weiß dann meist aus lauter Verlegenheit nicht, wie er sich verhalten soll.
Soll er sich höflich bedanken und Freude vortäuschen oder lieber ehrlich sein, damit sich solche Geschenke zukünftig nicht wiederholen, die ja doch nur unbenutzt verstauben oder schlimmstenfalls ebenso gedankenlos weiter verschenkt werden ? Doch verletzt man damit nicht vielleicht doch einen Menschen, der es doch gut meinte und eine Freude machen wollte ?

Doch ganz egal, welche Art das Geschenk ist :  ob es ein selbst gefundener Flusskiesel oder ein  Edelstein ist : es kann sowohl den Schenkenden als auch den Beschenkten unglücklich machen, wenn sich derjenige nicht so freut, wie er sich eigentlich freuen sollte und das Geschenk nicht das ist, was sich der Beschenkte wünschte.

Materielles versus Ideelles


Wer kennt sie nicht diese Frage: Was soll ich nur schenken ?
Ja – was schenkt man überhaupt : Materielles oder Ideelles… ?
Was macht ein Geschenk eigentlich wertvoll ?
Sind es nicht gerade die kleinen Dinge, die eine grosse Wirkung haben ?
Was bedeutet es, Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken?
Zeit ist ein sehr kostbares Geschenk und Aufmerksamkeit sehr wertvoll.

Ist es nicht viel schöner, bei einem schlichten Mahl ein Glas Wein; Brot und Käse miteinander zu teilen und über dieses und jenes zu reden, als nur davon zu sprechen, ein tolles exquites Lokal zu besuchen wenn … Ein Versprechen , das sich meist nicht erfüllt denn zu vieles kommt ja dann dazwischen.

Angesichts der vielen möglichen Missverständnisse und Probleme taucht möglicherweise schnell der Gedanke auf, vielleicht am besten gar nichts zu schenken.


Aber wäre das nicht ein sinnentleertes Leben ohne Liebe und ohne Freundschaft? 
Liebe, Zuwendung, Nähe, Wertschätzung, Respekt und damit verbunden das Schenken im Sinne des Lebens und Nehmens ist wohl ein Teil des Lebens, dass ohne Probleme eben nicht zu haben ist.

Je älter ich werde, desto stärker bemerke ich selbst, dass die materielle Welt immer mehr an Bedeutung verliert. Viel wertvoller sind für mich die Begegnungen mit den Menschen geworden, das Zusammensein und der Austausch. Und eben diese inmateriellen Dinge sind es, die für mich wertvoll sind.

Oftmals schreibe ich ” einfach nur “ einen Brief wenn ich ein passendes Geschenk suche, aber nichts finden kann. Ich schreibe und beschreibe, was ich an diesem Menschen schätze, den ich beschenken will oder ich schreibe über all die schönen Momente, die wir erlebt haben und die uns verbinden. Wie gut es tut, einfach nur beisammen zu sein.

Zu der Kunst des Schenkens gehört neben dem Geben übrigens auch das an-nehmen können.
Die Grundelemente einer Kunst des Schenkens gehörten in der griechischen Philosophie einst zu den großen Themen der Ethik. Aristoteles rühmte im vierten Jahrhundert v. Chr. den großzügigen freigiebigen Menschen, der vieles zu teilen hätte, wenn er richtig schenken könne. Das richtige Geben wäre allerdings abhängig von der richtigen Stelle, dem richtigen Ausmaß und der richtigen Zeit. Dann wäre auch das annehmen ein Leichtes.

Die Kunst des Schenkens ist also eine von vielen Künsten, die dazu beitragen können, das Leben schöner und reicher zu machen. Ich denke, es lohnt sich, sich mit dieser Kunst zu beschäftigen. Auch wenn sie Arbeit macht. Doch die Herausforderungen verfeinern allmählich das Gespür für das richtige und gibt es ein größeres Geschenk als die Freude, die man einem anderen Menschen bereiten kann ?
Es lohnt sich also, sich Gedanken zu machen um einen Menschen und über das, was ihm gefallen könnte oder tatsächlich freuen würde.

In diesem Sinne wünsche ich allen einen besinnlichen vierten Advent
Ihre Geschichtenerzählerin