Ein Fest zu Ehren der Natur

Erntedank – Dank für die Gaben
Das Erntedankfest ist eines der ältesten Feste. Die Religionen aller Zeiten und Kulturen kennen Feste, durch die den Göttern für den Ernteertrag gedankt oder um eine üppige Ernte gebeten wird. Die Christen haben das Erntedankfest nicht erfunden, sondern bestehende Kulte christlich umgedeutet. So unterschiedlich das Brauchtum in den verschiedenen Regionen und Ländern auch ist, eines war und ist überall gleich: Am Erntedankfest bedanken sich die Menschen bei Gott oder einer Göttin für die Erde und ihre Früchte und für die Fülle an Früchten und Nahrungsmitteln. Dass gut gefüllte Vorratskammern nicht alleine durch harte Arbeit, sondern auch durch die Natur oder eine höhere Macht mitbestimmt werden, wussten schon die Römer. Sie dankten Ceres, der Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit für ihre Hilfe und veranstalteten ihr zu Ehren ein Fest. Ceres ist eine Göttin, die heute kaum einer mehr kennt, deren Namen wir aber trotzdem oft im Mund führen. Ihre ursprüngliche Bedeutung erschließt sich aus ihrem Namen, der in Wörtern enthalten ist, wie crescere – wachsen und creare – wählen oder cernere – entscheiden.

Unser Wort „kreieren“ drückt sehr gut die wesentliche Kraft von Ceres als große Erdmutter aus. Sie ist eine Schöpfungsgöttin von allem Leben auf dieser Erde. Ihr zu Ehren wurden Zeremonien abgehalten – zum Beispiel das Erntedankfest. Dich wer steckt hinter dieser unbekannten Göttin ? Im römischen Kulturkreis war Ceres eine der alten Muttergöttinnen und damit die Verkörperung der Mutter Erde. Sie lehrte die Menschen die Kunst des Ackerbaus. Im antiken Griechenland huldigten die Menschen der Göttin Demeter, die in ihren Augen für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten zuständig war.Sie wurde mit weizenblonden, also goldblonden Haaren beschrieben, die oft lang getragen, aber auch zu Zöpfen geflochten wurden. Oft wurde sie mit einem Ährenkranz (Corona spicae) oder einer Ährengarbe dargestellt, die als Symbol für die Nahrung stehen. Manchmal trug sie ein Füllhorn als Symbol des materiellen Glückes. Und tatsächlich: Ihr Name Ceres verkauft sich heutzutage für biologisch-dynamisch erzeugte Produkte bestens.
Festessen und Erntebier
Schon am Morgen ist der Name Ceres in unserer Zeit in aller Munde – zumindest für die Gesundheitsbewussten. Da gibt es Cerealien zum Frühstück, die gesundenFrühstücksflocken aus Getreide. Wer heute von Cerealien spricht, meint in der Regel Frühstücksflocken.
Tatsächlich sind aber Cerealien in der Landwirtschaft oder im Lebensmittelhandel alle Gewächse und Früchte aus Getreide die der menschlichen Ernährung dienen. Dieser Begriff wurde vom Namen der römischen Göttin Ceres abgeleitet, sie war Göttin der Erde und des Ackerbaus, der Fruchtbarkeit und der Ehe. Im Griechischen heißt Ceres Demeter.
Auch in der Geschichte des Bieres findet sich ein Wiederklang ihres Namens. Der Name des beliebten Trankes wurde nämlich ebenfalls von dieser Göttin abgeleitet und ist darauf zurückzuführen, dass beim Bier brauen bekanntlich Gerste eines der drei erlaubten Bestandteile ist. Cervisia nannte man es in der Antike und der Einfluss der Göttin ist noch heute in den romanischen Sprachen zu spüren : beispielsweise im Französischen cervoise oder im Spanischen Cerveza. Wer aber war nun diese Göttin, deren Spuren uns noch heute begleiten ? Natürlich gibt es dazu einen Mythos, der in Sizilien spielt in einer Stadt namens Enna. Das eher kleine Städtchen hat eine über zwei Jahrtausende alte Geschichte und liegt ziemlich genau in der Mitte Siziliens.

Ceres besaß dort ein Heiligtum, das hoch verehrt wurde und Gaben und Schenkungen aus allen Teilen des Landes erhielt. Der Felsen, auf dem das Heiligtum liegt, ist noch heute zu sehen. Von hier aus machte sich die Göttin verzweifelt auf die Suche nach ihrer Tochter. Der Mythos vom Raub der Persephone liegt in mehreren Versionen und in unterschiedlichen Quellen vor. Um Irritationen durch die verschiedenen Versionen zu vermeiden, führe ich nachfolgend sowohl die römische als auch die griechische Namensvariante auf.
Persephone ist in der griechischen Mythologie die Tochter der Demeter, die in die Unterwelt des Hades entführt wird. Im römischen ist ihr Name Proserpina als Tochter der Ceres und sie wird von Pluto entführt. Die hier erwähnte Variante des Mythos stammt aus Ovid`s Metamorphosen.
Der Raub der Persephone
Bei der Gigantomachie wurde der Gigant Typhon unter Sizilien begraben, wo er immer noch ruhelos gegen seine Bande ankämpft und die Erde zum Beben bringt. Der Gott Pluto ( griech. Hades ) in der Unterwelt fürchtete um sich und sein Reich und vor allem, dass die Erde bersten und die Sonne in sein Schattenreich scheinen könnte. Um sich zu beruhigen, bestieg er seinen von vier schwarzen Rossen gezogenen Wagen, um die Fundamente Siziliens zu inspizieren. Auf dieser Fahrt bemerkte ihn Venus ( giech. Aphrodite ), die in Gesellschaft des Amors ( giech. Eros) hoch auf den Bergen thronte. Sie war der Meinung, dass auch die Unterwelt die Macht der Liebe zu spüren bekommen solle. Amor ( giech. Eros) sollte darum unverzüglich den stirnrunzelnden Inselfundamente begutachtenden Pluto mit seinem Pfeil treffen. Gesagt – getan. Amor ( giech. Eros) verschoß seinen Pfeil. Die Entführung findet bei Ovid am See Pergusa in der Nähe von Enna auf Sizilien statt.

Dort pflückte Proserpina (giech. Persephone) mit ihren Gefährtinnen Blumen . Pluto ( giech. Hades ) wurde von Amors ( giech. Eros ) Pfeil getroffen, entbrennt er in heftiger Liebe zu Proserpina (giech. Persephone), packt sie und entführt sie. Die Nymphe Cyane hatte den Mut, sich Pluto ( giech. Hades ) in den Weg zu stellen, doch der fuhr mit dem Wagen und der sich sträubenden Braut dennoch hinab in die Unterwelt. Cyane war über ihr Versagen so untröstlich, dass sie sich buchstäblich in Tränen auflöste und in die Cianequelle verwandelt wurde. Der Ciane ist heute ein kleiner Fluss auf Sizilien. Die Cianequelle liegt etwa 7 km südwestlich des Stadtzentrums von Syrakus.
Die Suche der Ceres
Nun macht sich die Göttin Ceres ( griech. Demeter) auf, die verlorene Tochter zu suchen. Sie trug Fackeln bei ihrer nächtlichen Suche. Ganze Fichtenstämme entzündete sie dabei am Ätna. Doch ihre Suche war vergebens. Als sie bei ihrer rastlosen Suche durstig wurde, bot ihr ein freundliches altes Weib namens Misme etwas zu trinken an. Ceres ( griech. Demeter) trankt durstig in einem Zug die Amphore aus. Darüber spottete Askalabos, der Sohn der alten Frau und er machte sich lustig über die Göttin. Zur Strafe wurde er von Ceres ( griech. Demeter) in eine Eidechse verwandelt, die heute noch überall auf Siziliens Wegen zu sehen sind.
Als Ceres ( giech.Demeter) auf der Suche nach ihrer Tochter den ganzen Erdkreis durchsucht hatte, kam sie nach Sizilien zurück und schließlich auch zu der Quelle der Cyane. Die Nymphe hätte Ceres sagen können, was mit Proserpina ( griech. Persephone ) geschehen war, aber durch ihre Verwandlung in eine Quelle konnte sie nicht mehr sprechen. So ließ die den verlorenen Gürtel der Proserpina ( griech. Persephone ) auf der Oberfläche des Wassers treiben. Als Ceres ( griech. Demeter ) den Gürtel sah, wurde ihr sofort klar, was geschehen war.
Der Gürtel einer Frau gilt ja allgemein als Symbol der Jungfräulichkeit, bei den Römern war er das in besonderem Maße: Bei der römischen Hochzeit wurde der Gürtel mit einem besonderen Knoten, dem Nodus Herculaneus, gebunden, den der Bräutigam in der Hochzeitsnacht lösen musste, bevor es zur ersten Vereinigung der Brautleute kommen konnte.
Die Göttin Ceres ( griech. Demeter ) war nun völlig verzweifelt. Sie verfluchte die Umgebung und die ganze Welt, entzog der Erde die Fruchtbarkeit, verdarb allen Samen und tötete Vieh und Mensch gleichermaßen. Angesichts dieses hemmungslosen Vernichtung stieg die Nymphe Arethusa aus ihrer Quelle, die durch ihre weit reichenden unterirdischen Verbindungen vom Proserpina`s (griech. Persephone) Schicksal wusste. Sie bat Ceres ( griech. Demeter ), die unschuldige Erde zu schonen, und eröffnete ihr, dass ihre Tochter nun in der Unterwelt lebe und dort Königin unter den Toten sei. Die Göttin war jetzt nicht nur verzweifelt, sondern auch äußerst empört. Sie trat vor Jupiter (giech. Zeus) und forderte von ihm die Rückkehr der Tochter. Der willigte ein, unter der Bedingung, dass Proserpina ( griech. Persephone ) dort unten im Hades noch keinerlei Speise zu sich genommen habe.
Proserpinas Rückkehr

Ceres ( griech. Demeter ) machte sich auf, die Tochter zu holen, doch das sollte nicht sein. Proserpina ( griech. Persephone ) hatte in einem Garten der Unterwelt einen Granatapfelbaum gesehen und von seiner Frucht gekostet. Niemand, der solch eine Speise gekostet hat kann auf die Oberwelt zurück kehren. Das haben alle Mythen, Märchen und Geschichten gemeinsam: wer einmal in der Anderswelt eine Speise zu sich nahm, muss dort für ewig verweilen. Doch Ceres ( griech. Demeter ) wollte sich damit nicht abfinden und weigerte sich noch immer, die Erde fruchtbar werden zu lassen. Sie verließ sogar den Olymp. Doch Jupiter ( griech. Zeus) konnte es nicht hinnehmen, das die Erde und die Menschen verdorrten. Es fand sich schließlich ein Kompromiss: Proserpina ( griech. Persephone ) muss vier Monate in der Unterwelt mit Pluto ( giech. Hades ) leben, die restlichen acht Monate darf sie bei ihrer Mutter auf der Erde verbringen. Auch Ceres ( griech. Demeter ) fand sich schließlich mit dieser Regelung ab und willigte ein, die Fruchtbarkeit der Erde wieder herzustellen. Sie ließ auf dem Feld bei Eleusis ist das erste Korn sprießen. Dort wurden später auch die eleusinischen Mysterien gegründet.
Die vier Monate in der Unterwelt stellen die unfruchtbare Zeit auf der Erde dar, in der Ceres ( griech. Demeter ) traurig ist – daher blüht keine Pflanze. Aber wenn ihre Tochter zurück af die Erde kommt und bei ihr ist, blüht und gedeiht alles. Mit dieser Geschichte erklärten sich die Griechen und Römer den Wechsel der Jahreszeiten.
Im antiken Griechenland huldigten die Menschen der Göttin Demeter, die in ihren Augen für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten zuständig war. Im alten Rom feierte man ein Erntedankfest zu Ehren der Göttin Ceres, die über das Reifen der Feldfrüchte wachte. Das Erntedankfest hatte damals eine besonders große Bedeutung. Das kirchliche Erntedankfest wird etwa seit 1770 gefeiert. In der evangelischen Kirche feiert man Erntedank am ersten Sonntag nach Michaelis ( 29. September). In der katholischen Kirche gibt es keinen festgelegten Termin, meistens ist es aber der erste Sonntag im Oktober.