Brennessel – ungezähmtes Hexenkraut

Die Brennessel ist eine sehr weit verbreitete Pflanze und wird meist als “Unkraut” angesehen. Dabei enthält das Gartenunkraut mehr Vitamin C  als Zitrusfrüchte und ist zudem reich an Mineralien wie Eisen, Kalium und Magnesium und sekundären Pflanzenstoffen wie den Flavonoiden. Die Flavonoide sorgen zusammen mit dem Kalium für die entwässernde Wirkung der Blätter. Überraschenderweise sind Brennesseln auch eiweißreich, sodass die Blätter durchaus Mehrwert haben und es lohnt sich, sie in der Küche als Nährstoffbombe auszuprobieren. 100 g frische Brennesselblätter enthalten ähnlich viel Eiweiß wie die gleiche Menge frische Hülsenfrüchte, nämlich bis zu 8 g. Auch die Samen sind essbar und werden geröstet geknabbert.

Beim Sammeln ist man mit dicken Baumwollhandschuhen geschützt. Werden mit einer Schere die Pflanzenteile abgeschnitten, entsteht kaum direkter Kontakt mit der Pflanze. Bei älteren Brennnesseln sollten ausschließlich die oberen (fünf) Blattpaare gesammelt und verwendet werden – in den unteren Teilen der Pflanze ist der Stickstoffgehalt zu hoch.

Außerdem sollten die Brennesseln nur an sauberen also abgelegenen Orten oder im eigenen Garten gepflückt werden. Vor dem Verwenden in der Küche dennoch immer gründlich waschen.

Die Brennessel im Garten

Mit dem Sud von Brennesseln können Blattläuse auf eine umweltverträgliche und biologische Weise bekämpft werden. Der Geruch sowie einige Wirkstoffe aus der Brennnessel wirken abwehrend auf Läuse und Spinnmilben. Zudem enthält der Sud Nährstoffe, die die Pflanzen stärken. Brennnesselsud kann auch gegen Mangelerscheinungen auf Blätter und Blütenknospen gesprüht werden.

Blätter und Triebe mit dem Sud einsprühen
• gegen Blattläuse, Spinnmilben und Weiße Fliegen
• Wurzelbad beim Welken von Topfpflanzen
• wirkt aufgesprüht auch gegen Blattchlorose (als Dünger)
• wirkt als Bioherbizid gegen Unkraut
• wirkt als Biopestizid gegen Schädlinge

Die Brennessel in der Küche

Wenn Brennnessel in der Küche verwendet werden soll, sollten die jungen Blätter im Frühjahr oder die oberen Blatttriebe im Sommer geerntet werden. Am besten fern von Straßen sammeln, um an unbelastetes Blattgemüse zu kommen. Brennesselblätter können wie Spinat zubereitet werden, dienen aber auch als Verfeinerung für oder als Anreicherung für Smoothies, Pesto und vieles mehr – der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt.

Zutaten für ein Glas Brennesselpesto:

• 100 ml Olivenöl
• ca. eine Müslischüssel Brennnessel-Blätter
• 1 große Knoblauchzehe
• 30 Gramm Walnüsse
• 20 Gramm Pinien- oder Sonnenblumenkerne
• 1 Schuss Balsamico-Essig
• Saft einer halben Zitrone
• 1 TL Salz
• Schwarzer Pfeffer nach Belieben.

Zubereitung:
Die Nüsse und Kerne in der Pfanne ohne Fett kurz anrösten. Die Nüsse und alle weiteren Zutaten in einen geeigneten Behälter geben. Alles mit einem Pürierstab mixen bis die gewünschte Pesto-Konsistenz entsteht.

Das Pesto ist vielseitig einsetzbar : als köstlicher Brotaufstrich, ebenso als Dip für Gemüse mit Joghurt gemischt,
aber auch sehr lecker in Kombination mit Spaghetti, Gnocci oder Penne pur oder vermischt als Sahnesauce.

Brennesselsuppe

Ein bekanntes Rezept ist die Brennnesselsuppe, die sich einfach zubereiten lässt und häufig im Frühjahr auch gegen Frühjahrsmüdigkeit gegessen wird. Einst galt dies als typische Osterspeise …

Zutaten :

• 2 große Schüsseln Brennesselblätter
• 1 Zwiebel
• 1-2 Kartoffeln
• 1 Knoblauchzehe
• 1 Becher Sahne
• 300 ml
• Gemüsebrühe
Pfeffer, Salz, Muskatnuss

Zubereitung: Die Kartoffel (n) schälen und in kleine Würfel schneiden. Zwiebel würfeln und in etwas Öl zusammen mit der klein gehackten Knoblauchzehe andünsten. Sind die Zwiebeln glasig geworden, die Brennnesselblätter dazugeben und zusammenfallen lassen. Mit Gemüsebrühe ablöschen und die Kartoffelwürfel hinzufügen, bis sie weich gekocht sind. Nun die Suppe pürieren, die Sahne dazu geben und mit den Gewürzen abschmecken. Mit Gänseblümchen dekoriert servieren.

Superfood Brennesselsamen

Von der Brennnessel kann theoretisch jeder Teil verzehrt werden. Doch nicht nur die Blätter, auch die Samen lohnen sich sehr zu sammeln. Ihr hoher Eiweißgehalt bei geringem Fettanteil machen Brennnesselsamen attraktiv. Sie enthalten sehr viele Vitamine. Man kann die Brennesselsamen einfach im Herbst abstreifen und dann das ganze Jahr über zum Würzen,  in Smoothies oder Müslis verwenden.

Die Brennessel als Liebespflanze

Die Brennessel galt im Mittelalter als ein Symbol schmerzlichen Liebesbrennens oder der hoffnungslosen Liebe. Man vermutete in der Brennessel den Sitz eines dämonischen Wesens : “Pflanze, auf deren Blätter Pfeile wachsen mit brennendem Gift. Wer sich an ihr reibt, sticht sich an ihr”. Sie galt als Hexenkraut.

Weil die Brennessel durchblutungssteigernd wirkt, gelten Gerichte mit ihr als aphrodisierend.  Angeblich sollen sie auf Männer und Frauen gleichermaßen aphrodisierend wirken. Auch 1-2 Teelöffel Brennesselsamen ins Müsli gegeben soll das menschliche Lustbedürfnis steigern.

Die Blätter können auch als Liebes-Rauchwerk dienen.

Die Brennessel als Heilpflanze

Die Brennessel ist als Heilpflanze eine der bekanntesten Kräuter in unseren Breiten. Kraut, Blätter und Samen enthalten viel Vitamin C, Vitamin A, Mineralsalze (vor allem Kalium und Kalzium), Chlorophyll, Karotinoide und organische Säuren.

Für einen Tee ein paar junge Blätter sammeln, mit heißem Wasser übergießen und genießen. Täglich mehrere Tassen Tee über den Tag verteilt, reinigen den Körper und sind im Rahmen einer Frühjahrskur sehr empfehlenswert. Brennnesseltee  als altes Hausmittel soll diese Wirkungen haben:

• Entschlackung: Stoffwechsel anregend, Leber und Galle entgiftend
• Schmerz- und entzündungslindernde Eigenschaft: Durch die enthaltenen Flavonoide soll Brennnesseltee Schmerzen stillen und entzündliche Vorgänge hemmen, etwa bei Rheuma (Arthritis) oder auch Gelenkerkrankungen (Arthrose).
• Harntreibend: Wegen seiner harntreibenden Wirkung ist Brennnesseltee ein bekanntes Hausmittel bei Blasenentzündung. 
• gegen Hautunreinheiten: Als Gesichtswasser wirkt Brennnesseltee gegen Hautirritationen.
• lindert Magen- sowie Menstruationsbeschwerden
• blutdrucksenkend
• stärkt das Immunsystem

Reiner Brennnesseltee hat allerdings keinen guten Ruf, weil ein Aufguss aus trockenen Blättern ein eher „muffiges“ Aroma hat. Dies kann verhindert werden, indem frische Blätter aufgebrüht oder getrocknete Brennesselblätter mit etwas Zitronenschalenabrieb abgerundet werden. So schmeckt der Brennnesseltee sogar fast spritzig.

Ein hartnäckiger Volksglaube besagt, dass Brennnesseln gegen Gicht und Rheuma helfen sollen. Früher “peitschte” man sich mit Brennesseln,
benutzte sie um an der betreffenden Stelle ein stundenlanges Wärmegefühl zu erzeugen. Das fördert die Durchblutung und eignet sich deshalb hervorragend bei schmerzenden Gelenken, Rheuma- oder Ischiasbeschwerden.Wissenschaftlich belegt ist, dass die Pflanze Wirkstoffe enthält, die entzündungshemmend und antibakteriell wirken, was bei Rheuma oder Gicht hilfreich ist. Die Ursache für die brennenden Schmerzen und juckenden Quaddeln ist die Ameisensäure. Noch heute wird die “Urtikation” bei Rheuma und Arthritis angewandt. Zur Wirksamkeit liegen allerdings keine aussagekräftigen, unabhängigen Studien vor, jedoch regen bestimmte Inhaltsstoffe der Brennnessel die Durchblutung an.

Die Brennessel in der Geschichte

Viele der heutigen Anwendungen waren bereits im Mittelalter lange bekannt. Da die Brennnesseln häufig in der Natur verwildert zu finden waren und nichts kosteten, waren sie ein begehrtes Hausmittel für viele Alltagsbeschwerden. Auch beim Färben waren sie beliebt : junge Brennnesselpflanzen ergeben ein wunderschönes Grau, ältere Pflanzen färben eher Braun/Beige.

Natürlich ranken sich viele Geschichten um diese Zauberpflanze.

Der Mythos der Brennessel

Der Gattenungsname Urtica stammt vom lateinischen urere= brennen. Der zweite Teil des Wortes geht auf eine Gestalt der griechischen Mythologie zurück: Nessos. Nessos ist ein Kentaur in der griechischen Mythologie.

Dieses Wesen – eine Mischung aus Pferd und Mensch begehrte die Frau des Herakles . So entführte also der Kentaur Nessos die schöne Deianeira, worauf Herakles ihn tötete. Soweit die Kurzfassung

Herakles kam auf seiner Wanderschaft nach Kalydon, wo er sich in die schöne Königstochter Deianeira verliebte.  Um sie zur Frau zu gewinnen, musste er zunächst die anderen Nebenbuhler besiegen. Herakles wollte nun die Königstochter Deianira in seine Heimat bringen und auf der Reise durch Theben mussten die beiden den Fluss Eunenos überqueren, der Hochwasser führte. Hier hauste der Kentaur Nessos, der sich Reisenden als Fährmann für die Überquerung des Flusses anbot. Herakles setzte zuerst über den Fluss. Dann folgte Deianeira. Der Kentaur Nessos erbot sich, die junge Frau trockenen Fußes auf seinem Rücken hinüberzutragen, galoppierte aber dann mit ihr davon. Herakles schoss ihm einen seiner tödlichen, mit dem Blut der Hydra vergifteten Pfeile nach und traf ihn. 

Noch im Sterben sann der Kentaur auf Rache und so flüsterte er Deianeira zu: “Fange ein wenig von meinem Blut auf und bewahre es. Wenn du fürchtest, die Liebe des Herakles zu verlieren, tränke damit sein Gewand und er wird nie wieder eine andere Frau als dich ansehen.“ Sein Blut aber war durch den Todespfeil vergiftet. Doch Deianeira vertraute dem Kentauren und befolgte seinen Rat.

Jahre später sollte sie von dem Geschenk des Nessos Gebrauch machen. Herakles hatte nämlich den König von Oichalia, mit dem er schon lange im Streit lag, besiegt und seine Tochter Iole zur Gefangenen genommen und schien seine Zuneigung der erbeuteten Schönen zuzuwenden.

Deianeira war eifersüchtig auf die schöne Jungfrau.  Als nun Herakles Zeus ein Dankopfer für den errungenen Sieg darbringen wollte, schickte er nach reiner Kleidung. Deianeira tränkte das Gewand für Herakles in Nessos Blut und gab es dem Boten mit. Übrigens war dieser Bote ein Diener namens Lichas. Das Lichashemd oder „Nessoshemd“ ist später  zur stehenden Redensart geworden

Herakles legte das Gewand um und begann mit der Opferzeremonie. Sofort befielen den Helden entsetzliche Schmerzen. Das giftige Blut des Kentauren brannte sich wie Feuer in die Haut des Herakles. Er versuchte, das Hemd abzulegen, aber es hatte sich fest mit seiner Haut verbunden und er riss zugleich sein Fleisch mit ab. Brüllend vor Schmerz wollte er sich das Gewand vom Leib reißen. Doch es gelang ihm nicht.
Um seinen unerträglichen Qualen ein Ende zu bereiten, ließ sich Herakles einen Scheiterhaufen auf den Berg Oite  errichten. So traf die Prophezeiung des Orakels von Delphi ein, dass er durch jemanden sterben  sollte, der selbst nicht mehr am Leben war.

Er stellte sich auf diesen Scheiterhaufen  und befahl seinen Freunden, diesen zu entzünden, um so seinen Qualen ein Ende zu bereiten. Aber niemand wagte es. Da schlugen die Blitze des Zeus in den Scheiterhaufen, der hell aufloderte. Eine Wolke umfing den Helden und trug ihn in den Olymp, wo er fortan als Unsterblicher neben den anderen Göttern thronte.